Das Wittenberger Jungfernröhrwasser - Geschichte
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Kurzinfo für Eilige:

Wittenberg besitzt mit dem noch heute fließenden "Altes und Neues Jungfernrörwasser" ein einmaliges technisches Denkmal aus dem 16. Jahrhundert. Im Jahr 1556 schlossen sich sieben wohlhabende Bürger Wittenbergs zu einer "Röhrwassergewerkschaft" zusammen und ließen auf eigene Kosten ein Quellgebiet vor den Toren der Stadt erschließen und von dort eine Röhrwasserleitung mit natürlichem Gefälle in die Collegienstraße bis zum Markt legen. Eine achte Anschlußstelle schenkten sie Philipp Melanchthon für seine Verdienste um Stadt, Kirche und Schule. Diese Röhrfahrt wurde später "Altes Jungfernröhrwasser" genannt.

Schon 1559 gründete die selbe Gruppe von Bürgern eine neue Gewerkschaft um eine weitere Röhrwasserleitung in die Stadt legen zu lassen, das "Neue Jungfernröhrwasser".

Das Alte und das Neue Jungfernröhrwasser sind bis heute funktionstüchtig und werden immer noch von der "Gewerkschaft Altes und Neues Jungfernröhrwasser der Lutherstadt Wittenberg e.V." betreut. Auf vielen Höfen in der Altstadt sind noch fließende Zapfstellen vorhanden.

Wittenberg liegt zwar an der Elbe, dennoch versorgten sich die Einwohner der im 16. Jahrhundert 4 Stadtviertel durch 15 Brunnen und 2 Bäche, den Rischebach und den Faulen Bach. Diese Bäche fließen noch heute, teilweise wieder sichtbar, durch das Stadtzentrum, unter den Bürgersteigen der Jüdenstraße und Coswiger Straße sowie der Mittelstraße, dem Markt und der Schloßstraße. Oft gab es aber nicht genügend klares, reines und schmackhaftes Trinkwasser.

Stadtplan mit Röhrwasserfahrten von 1749Deshalb ließ Kurfürst Friedrich der Großmütige im Jahre 1542/43 für die Versorgung seines Schlosses im Teucheler Wald, nördlich der Stadt, ein Quellgebier von einem Rörmeister erschließen und von dort eine Röhrwasserleitung - durchbohrte Holzstämme mit Eisenbuchsen untereinander verbunden - bis in den Schloßhof legen. Es floss so viel Wasser, dass er es an Universität und Bürgerschaft verkaufen konnte und so Anschlüsse, so genannte Portionen, in einige Höfe der Schloß- und Collegienstraße geführt wurden. Seit 1929 läuft diese Schloßröhrfahrt nicht mehr.

Statut der Gewerkschaft Altes JungfernröhrwasserDie selbständigen Wittenberger Bürger wollten aber dem Kurfürsten nicht nachstehen und ein eigenes Röhrwasser haben. So schlossen sich 1556 sieben wohlhabende Bürger zu einer Röhrwassergewerkschaft zusammen und stellten ein entsprechendes Gesuch an den Rat der Stadt. Diese sieben Bürger ließen auf eigene Kosten vor Wittenberg, auf der Bruder Annendorfer Mark (heute westlich des Platzes der Demokratie in Friedrichstadt), Quellwasser erschließen und in Holzröhrenleitungen mit natürlichem Gefälle durch das Elstertor in die Collegienstraße bis zum Markt führen. Die 8. Portion schenkten sie dem geachteten und berühmten Philipp Melanchthon für seine Verdienste um Stadt, Kirche und Schule.

Auch bei dieser Röhrfahrt, später "Altes Jungfernröhrwasser" genannt, floss ständig genügend Wasser; so wurden an weitere vierzehn Interessenten Portionen vergeben (22 Portionen gesamt). Eine Portion lieferte in der Minute ca. 2,0 bis 2,5 Liter frisches sauberes Wasser. Die Namen der Gründer des Alten Jungfernröhrwassers sind auf dem Cranachhof, Schloßstraße 1, auf einer Gedenktafel des dortigen Brunnens genannt.

Gedenktafel im CranachhofSchon 1559 gründete dieselbe Gruppe von Bürgern eine zweite Gewerkschaft und beschloss, eine weitere Röhrwasserfahrt aus der Bruder Annendorfer Mark in die Stadt zu bauen. Das Quellgebiet liegt heute zwischen dem Neubaugebiet Lerchenberg und der Berliner Chaussee (B2). Bis zum Jahr 1665 stieg die Zahl der abzugebenden Portionen der Gewerkschaft "Neues Jungfernröhrwasser" auf 31 an. 1749 waren es 38 und 1930 gar 42 Portionen.

Im Jahr 1625, mitten im Dreißigjährigen Krieg, wurde der Professor der Mathematik, Ambrosius Rhode, der Initiator für den Bau der 4. Röhrwasserfahrt. Das Quellgebiet wurde auf dem Gelände des Wittenberger Amtsdorfes Reinsdorf erworben und erschlossen. Von dort wurde die hölzerne Wasserleitung in die Coswiger Straße und die Schloßstraße geleietet. Dieses "Rhodische Wasser" versorgte zunächst 19 Interessenten. Im Jahre 1749 waren 22 Portionen vergeben.

Aufstellung der RörwasserfahrtenEin fest angestellter Röhrmeister betreute mit seinem Gesellen ständig die Röhrwasserfahrten und sorgte dafür, dass die Röhrwasser auch in Kriegs- und Notzeiten die Wittenberger mit gutem Trinkwasser versorgten.

Innerhalb der Festungsanlage versorgten also vier Röhrwasserfahrten die Einwohner mit ständig fließendem, klarem und frischem Trinkwasser. Zur Stadt gehörten aber auch die Vorstädte, besonders die Schloßvorstadt.

Einige Vorstädter schlossen sich zu einer kleinen Gewerkschaft zusammen, erhielten vom Rat der Stadt die Erlaubnis, erschlossen 1690 ein weiteres Quellgebiet und bauten 1691 eine Röhrfahrt und Anschlüsse für ihre Grundstücke. zu dieser Röhrwasserfahrt, dem "Eiserwasser" gehörten sechs Portionen. Bereits 1791 wurde diese wieder aufgelöst. Gründe für die Auflösung sind nicht bekannt.

Mit der zunehmenden Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts wurden Wasserwerke gebaut, die nun Städte und Industrie versorgten. Damit verloren die Röhrwasserfahrten immer mehr an Bedeutung und viele verfielen im Laufe der Zeit.

In der Lutherstadt Wittenberg sind bis in die heutige Zeit zwei der ehemals fünf Röhrwasserfahrten funktionstüchtig erhalten geblieben; das Alte- und Neue Jungfernröhrwasser. Ihre Zapfstellen (Portionen) sind auf vielen Höfen in der Altstadt, sowie auf dem Markt und dem Holzmarkt zu besichtigen.

Die "Gewerkschaft Altes und Neues Jungfernröhrwasser der Lutherstadt Wittenberg e.V." betreut die Röhrwasserfahrten und sorgt dafür, dass dieses technische Denkmal aus dem 16. Jahrhundert erhalten bleibt.

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